Montag, 23. Juni 2014

http://www.neobooks.com/werk/28892-trotzdem-irgendwie-gluecklich.html


Das alte Haus
Die Farbe bröckelt von den Wänden ab
Die Fenster sind zersprungen
Der Wind summt ein Lied von Verlassenheit
und früherer Zeit

Pflanzen klettern wild und unkontrolliert
an dem Mauerwerk empor

Durch leere, kahle, lange Korridore
sucht die Sonne sich Einfallstore

Hüllt alles in magisches Licht
Verzaubert was bald zusammen
bricht.

Der Wind summt ein Lied von Verlassenheit
und früherer Zeit

Mit verschwommenen Blick und zaghaften Schritt gehe ich den Sonnen
durchfluteten Korridore entlang.
In meinem Inneren ertönt ein Geigen Sonett wie Großvater es oft hörte.
Das Klappern meiner Absätze dröhnt an mein Ohr, scheint die Erinnerung zu verzerren, zu stören. Als Kind platschten meine nackten Füße über das glatte, warme Parkett . Im Winter rutschte ich auf Wollsocken über den leeren Flur. Mit Freunden veranstalteten wir wahre Rutsch-weiter- Wettbewerbe. Großvater stand mit seiner Pfeife im Mund eingehüllt in Vanille Aroma da und spielte den Schiedsrichter.



Meine Geschwister und ich wollten uns um 15°° Uhr im blauen Salon treffen, um über die Zukunft des Hauses, das seit zehn Jahren leer stand,
etliche Streitigkeiten, Intrigen, ans Tageslicht gebracht hatte abzustimmen.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, ich hatte noch eine halbe Stunde Zeit, also ging ich Richtung Wintergarten und betrat durch die verwitterte Tür
den Garten. Irgendwo im Beet lagen Reste vom Osterschmuck, bunte, abgeblätterte, grüne, rote Lackstückchen, sahen aus wie unerforschte Blumen. Die Erinnerung ans Osterei suchen tauchte wieder auf. Riesig
Spaß hat es in dem großen Garten gemacht, oft fanden wir völlig geschmolzene an einem warmen Sommertag. Mit verschmierten Mündern, stolz weil ich es ergattert hatte, gab ich Großvater das Silberpapier.
Gleich würde ich sie wiedersehen, meine kleine Schwester Resa.
Resa feingliedrig, dünnhäutig, mit langen schmalen Fingern, ihre Hände
gestikulieren, um ihren Worten Kraft zu verleihen.
Optisch out of Norm, sie hat eine dicke Norwegische Wollmütze mit einem überdimensionalen Bommel auf zu einem fliederfarbenen Shirt
mit buntem Comic Druck.
Irgendwann wurde die Mütze ihr Markenzeichen, sie wurde „Resa Mütze“
genannte. Ihre blasse Haut bleibt trotz Mütze im Raum blass, überirdisch, Elfenbeinfarbend.
Sie konzentrierte sich völlig auf ihr Essen im blauen Salon, scheint mit dem gesamten Körper zu schmecken. Atmet erst den Duft der Kräuter,
verharrt andächtig bevor sie sich in Zeitlupen Tempo etwas in den Mund schiebt. In dem Moment sieht ihr Mund wie ein zufriedener Kindermunaus. Dann kaut sie genüsslich und lange, lässt ihren Blick in die Weite schweifen.

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